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Sonntag, 29. April 2012

Salinagrande: Verbesserung der Wohnsituation, aber es herrschen weiterhin gravierende Probleme und die Polizeikontrollen “auf Jagd” nach den illegalen Einwanderern verstärken sich.

Immer noch sind die Bedingungen der tunesischen Gemeinde von Trapani kritisch. Auf Drängen hat das Aufnahmezentrum für Asylsuchende (CARA) von Salinagrande, den letzten noch draußen verbliebenen Tunesiern Einlass gewährt. Seitdem wir im Februar das Monitoring begonnen haben, haben wir circa 30 Asylsuchende verschiedener Nationalität befragt, die auf den Feldern um Trapani, der Umgebung von Salinagrande in verlassenen Gebäuden nächtigten, das Wasser aus öffentlichen Brunnen tranken und aßen wenn ihnen ihre Landsleute etwas besorgen konnten. Jetzt sind auch die letzten im CARA aufgenommen worden, nachdem sie das Gastrecht verloren hatten, da sie sich auf der Suche nach  Arbeit entfernt hatten.   
Während der letzten Inspektion am 20. März haben wir von den Migranten erfahren, dass die Kooperative des CARA eines der besetzten Gebäude geräumt hat, wahrscheinlich um die Proteste einiger Tunesier einzuschränken. Im Gebäude, das der Kirche von Trapani gehört und in schlechtesten Zustand ist, hatten sich ca. 20 Migranten geflüchtet. Zum Großteil Asylsuchende, die darauf warten, dass ihnen der Zugang zum CARA wieder gewährt wird. Jetzt hingegen leben in dem besetzten Gebäude einige tunesische Jugendliche, seit ein paar Monaten volljährig sind und deren Aufenthaltserlaubnis ausläuft. Sie werden „die Kinder“ genannt und sind vor einem Jahr angekommen und aufgrund ihres jungen Alters in Familienhäusern aufgenommen worden. Mit Erreichen des 18. Lebensjahres haben sie jedoch das Recht verloren in den Gemeinden für Minderjährige zu bleiben. Sie haben einige Gelegenheitsjobs für ein paar Monate gefunden, die sie jedoch wegen der Wirtschaftskrise wieder verloren haben und nun haben sie große Angst, nicht mehr die Aufenthaltsgenehmigung verlängert zu bekommen und in den Status der Illegalität zu rutschen. Sie fürchten sich vor allem davor verhaftet zu werden und in Milo, dem Zentrum für Identifikation und Abschiebung (CIE) in Trapani) zu enden oder in die Heimatländer abgeschoben zu werden. Sie leben mit zehn weiteren Flüchtlingen zusammen, allesamt Illegalisierte. Gestern (28. April) hat die Polizei eine Razzia im besetzten Haus durchgeführt und damit wortwörtlich für Panik gesorgt. Den Illegalisierten gelang es zu flüchten und sie konnten somit vermeiden in ein CIE gebracht zu werden. Die Jüngeren sind geblieben, sie haben einen regulären Status aber große Angst. In den vergangenen Jahren kam es mehrere Male vor, dass Jugendliche desselben Alters zu Prostitutionsopfern der Organisierten Kriminalität wurden.

Im CARA dauern die Beschwerden einer Gruppe von Afghanen und Pakistanern weiterhin an (insgesamt 64), die alle die Tatsache beklagen, dass sie auf die Entscheidung der Asylkommission seit über sechs Monaten warten. Für die meisten ist die Anhörung in der Tat für Juni und Juli vorgesehen (ich erinnere daran, dass die meisten von ihnen bereits im Oktober im CARA angekommen sind). Da sie den gesamten Winter im Zentrum fest saßen ohne arbeiten zu können, ist nun da die Saisonarbeit für die Feldarbeit begonnen hat, die größte Angst, das Lager zu verlassen und dadurch  die Anhörung zu versäumen oder das Anrecht auf einen Schlafplatz zu verlieren. Ihre Sorgen waren weniger der Annahme oder Ablehnung des Antrags geschuldet, sondern mehr dem Fehlen einer Perspektive für den kommenden Winter. Eine andere Beschwerde bezieht sich auf die Sprachschule innerhalb des CARA. Drei Wochenstunden sind in der Tat unzureichend, um den Insassen zu ermöglichen, unsere Sprache zu erlernen, vor allem wegen der Schwierigkeit aus dem Lager zu kommen und das in den Lektionen gelernte zu üben. 

Für diejenigen, die es nicht schaffen eine Erlaubnis zu erhalten, bleibt nichts anderes übrig als zu Gespenstern zu werden und als Illegalisierte zu leben. Viele der illegalen Einwanderer haben Arbeit in den Feldern in der Nähe von Marsala, Gela und Niscemi gefunden. Die meisten Landwirte bevorzugen sie vor den regulären Flüchtlingen, da sie sich mit geringeren Löhnen zufrieden geben und ihr Lager in verlassenen Gehöften in der Nähe der Felder auf denen sie arbeiten, aufschlagen. Diese Menschen, die in der absoluten Regelwidrigkeit, in fürchterlichen Umständen mit der Angst vor einer Razzia seitens der Polizei, die mit der Verhaftung und der Haft in einem CIE enden würde, leben, sind scheu und misstrauisch.

Siehe hier das Video, bevor es zur veranlassten Putzaktion durch das Personal des CARA kam:








Giorgia List, Diana Pisciotta


Aus dem Italienischen von Alessandro Pastore