- In Tunesien zurückgewiesene Flüchtlinge. Videodokumentation des Flüchtlingslagers in Shousha.
- Erneut Anlandungen in Lampedusa und Überführungen nach Pozzallo.
Zahlen der Ankünfte und der Verschollenen.
- Suche nach den verschollenen tunesischen Migranten. Mütter stürmen die italienische Botschaft in Tunis.
- Protest einer Gruppe von nigerianischen Asylbewerbern in Palma di Montechiaro.
Spannungen auch in der Gegend von Ragusa.
- Berichte aus der Hölle in Milo (Identifikations- und Abschiebezentrum in Trapani).
- Beobachtung der Verletzungen des Rechts auf Verteidigung.
IN TUNESIEN ZURÜCKGEWIESENE FLÜCHTLINGE. VIDEODOKUMENTATION DES FLÜCHTLINGSLAGERS IN SHOUSHA:
Am Abend des 17. März musste ein französisches Fischerboot mit tunesischer Besatzung, das 74 schiffbrüchigen Migranten zwischen Malta und Lampedusa zu Hilfe gekommen war, zurückfahren, weil ihnen weder die italienischen noch die maltesischen Behörden gestatteten, in ihren Häfen anzulegen. Also wurden sie nach Sfax in Tunesien gebracht und in das Flüchtlingslager Shousha im Süden Tunesiens, nahe der libyschen Grenze, gebracht. Der Zustand in diesem Lager, das vom UNHCR betrieben wird und vor über einem Jahr geöffnet wurde, ist sehr kritisch. Im Februar 2012 ist diese Videodokumentation erstellt worden:
Lesen Sie hier: radioradicale.it
Das UNHCR hat sofort reagiert und die Erklärungen der Flüchtlinge geleugnet:
Lesen Sie hier: La Repubblica
Lesen Sie hier: Il Manifesto
ERNEUT ANLANDUNGEN IN LAMPEDUSA UND ÜBERFÜHRUNGEN NACH POZZALLO. ZAHLEN DER ANKÜNFTE UND DER VERSCHOLLENEN:
Mit dem schönen Wetter haben auch die Meeresüberfahrten in Richtung Lampedusa wieder begonnen und es werden erneut Tote gezählt. Doch in Lampedusa ist das Auffanglager Contrada Imbriacola noch geschlossen, die Insel gilt noch immer als unsicherer Hafen. In den vergangenen Wochen sind viele der tunesischen Migranten, die in Lampedusa angekommen sind, in das Ersthilfe- und Erstaufnahmezentrum in Pozzallo (Sizilien, Provinz Ragusa) gebracht worden, um zurückgeschoben zu werden; dabei gab es auch Momente der Spannung:
Lesen Sie hier: siciliamigranti
Lesen Sie hier: fortresseurope
Lesen Sie hier: siciliamigranti
Lesen Sie hier: siciliamigranti
In der Nacht des 28. März ist ein kleines Boot mit 36 Tunesiern an Bord in Lampedusa gelandet, darunter eine Frau und drei Minderjährige. Entgegen den von Presseagenturen verbreiteten Informationen haben die erwachsenen Männer, auf ausdrückliche Anordnung der Polizei Agrigentos, die Nacht in der Nähe des Hafens im Freien verbracht. Die auf der Insel aktive Zivilgesellschaft wurde daran gehindert, ihnen beizustehen und zu helfen. Sofort nach der Landung kamen Mitarbeiter der Kooperative Lampedusa Accoglienza und versorgten die Migranten mit trockener Kleidung. Erst am nächsten Tag wurden die Tunesier in eine Wohnanlage in Cala Creta und am Tag darauf ins Lager von Pozzallo verlegt.
Lesen Sie hier: Rai
In einigen Tagen wird das Ersthilfe- und Erstaufnahmezentrum (CSPA) auf Lampedusa wieder eröffnet. Gerade werden die Räume, die nicht von dem Feuer im September 2011 betroffen waren, wieder instandgesetzt. Das Zentrum kann bis zu 300 Einwanderer aufnehmen.
Am vergangenen 29. März hat das italienische Innenministerium die Zahlen der Ankünfte in Italien seit Anfang des Jahres veröffentlicht. Demnach sind in Lampedusa 573 Migranten angekommen, davon 410 Männer, 104 Frauen und 59 Minderjährige, gegenüber 18.672 im Vorjahr.
Lesen Sie hier: vita.it
Seit 1994 sind mindestens 6.226 Personen im Kanal von Sizilien umgekommen, auf den Routen, die aus Libyen (von Zuwarah, Tripolis und Misratah), Tunesien (von Sousse, Chebba und Mahdia) und Ägypten (vor allem aus der Gegend um Alexandria) zu den Inseln Lampedusa, Pantelleria, Malta und zur südöstlichen Küste Siziliens führen, aber auch aus Ägypten und aus der Türkei nach Kalabrien. (...) 2011 war das schlimmste Jahr: im Kanal von Sizilien sind mindestens 1.822 Personen umgekommen oder verschollen. (...) Im Jahr 2011 gibt es nämlich, bei etwa 25.000 Ankünften aus Tunesien und noch einmal so vielen aus Libyen, 334 dokumentierte Tote auf der tunesischen Route und sogar 1.488 auf der libyschen Route.
Lesen Sie hier. fortresseurope
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SUCHE NACH DEN VERSCHOLLENEN TUNESISCHEN MIGRANTEN. MÜTTER STÜRMEN DIE ITALIENISCHE BOTSCHAFT IN TUNIS:
In Tunesien erzählen uns die Familien, die seit Monaten verzweifelt auf Nachrichten ihrer verschollenen jugendlichen Verwandten warten, dass obwohl die ersten 70 Fingerabdrücke schon vor Tagen in Italien angekommen sind, um die notwendigen Überprüfungen durchzuführen, das Innenministerium die für den vergangenen 29. März erwarteten Ergebnisse nicht, wie angekündigt, veröffentlicht hat, sondern dies auf „unbestimmte Zeit“ verschoben hat. Anlässlich der zwei Demonstrationen, die zeitgleich am 30. März in Rom und Tunis stattgefunden haben, haben die tunesische und die italienische Botschaft jeweils die Türen verschlossen gehalten und sich geweigert, die Abordnungen der Familien der Verschollenen zu empfangen.
Lesen Sie hier: leventicinqueundici.noblogs.org
Federica Sossi, Vertreterin der Frauenkollektive „Da una sponda all‘altra: vite che contano“ (Von einem Ufer zum anderen: Leben, die zählen) berichtete uns, dass auf die Ablehnung der tunesischen Botschaft hin, während der Demonstration in Rom, eine Abordnung einen Gesprächstermin mit der Präfektin Pria von der Abteilung für bürgerliche Freiheiten und Einwanderung erhalten hat. Pria hat bestätigt, dass am 22. März, anlässlich des Besuchs der Innenministerin Cacellieri in Tunis, die örtliche Regierung den italienischen Behörden die „Unterlagen“ ausgehändigt hat, ohne genauer anzugeben, auf welche Unterlagen sie Bezug nahm, obwohl die Mitglieder der Abordnung mehrfach danach fragten. Das Treffen endete mit einem Versprechen der Präfektin, in den nächsten Tagen ein Treffen der Abordnung mit dem Vertreter der Grenzpolizei der Zentraldirektion für Einwanderung zu organisieren, um Einzelheiten über die Suchmaßnahmen nach den verschollenen Tunesiern zu erfahren.
Am selben Nachmittag stürmten die Mütter der Verschollenen die Botschaft und verlangten Antworten auf die Fragen, die sie seit Monaten an die italienischen und tunesischen Behörden gestellt hatten. Unter folgendem Link kann man ein Video der Demonstration vom 30. März sehen:
Video: storiemigranti.org
PROTEST EINER GRUPPE VON NIGERIANISCHEN ASYLBEWERBERN IN PALMA DI MONTECHIARO. SPANNUNGEN AUCH IN DER GEGEND VON RAGUSA:
Am vergangenen 7. März haben einige nigerianische Asylbewerber aus einem Aufnahmezentrum in Palma di Montechiaro (Sizilien, Provinz Agrigent), das mit Notmitteln des Zivilschutzes eröffnet wurde, eine extreme Protestaktion gestartet, weil sie die langen Wartezeiten und die Unsicherheit über ihre Lage zermürbt hatten. Der Verein Borderline Sicilia und die sizilianische Abteilung von ASGI (Vereinigung für juristische Studien zur Immigration) verbreiten folgende Pressemitteilung:
Pressemitteilung: siciliamigranti.blogspot.de
Nachdem die Spannungen eingedämmt worden waren, schloss der Zivilschutz das Zentrum auf Anordnung des Polizeipräsidiums in Agrigent. Die 17 Asylbewerber wurden auf verschiedene Zentren in Gela, Acireale und Piazza Armerina (verschiedene Provinzen in Sizilien) aufgeteilt. Der Träger des Zentrums kümmert sich seit Jahren um die Aufnahme von Einwanderern und insbesondere der schwächsten von ihnen. Der Vorfall hat erneute Überprüfungen der anderen Zentren der Provinz ausgelöst, woraufhin andere Strukturen geschlossen wurden.
Auch in der Gegend um Ragusa hat es in den letzten Tagen ähnliche Vorfälle wie in Palma di Montechiaro gegeben. Zwei Asylbewerber aus dem Tschad, die in einem „Notfall“-Zentrum in Chiaramonte Gulfi aufgenommen worden waren, wurden in Ragusa mit dem Vorwurf der Verwüstung verhaftet, nachdem sie aus verschiedenen Zentren der Provinz vertrieben worden waren. Die von den Jugendlichen erhobenen Gegendarstellungen resultieren aus der Verzögerung beim Verfahren für internationalen Schutz.
Die beiden Vorfälle bestätigen uns, dass derartiges „Notfall“-Handeln zu einem Missmanagement des Aufnahmesystems führen.
BERICHTE AUS DER HÖLLE IN MILO (Identifikations- und Abschiebezentrum in Trapani):
„Sie behandeln uns hier schlechter als Schweine. Wir halten es nicht mehr aus.“ Dies berichtet ein junger Migrant, der im Identifikations- und Abschiebezentrum in Milo, in der Nähe von Trapani, inhaftiert ist. Seit 3 Tagen befinden sich 240 Migranten, die meisten von ihnen aus dem Maghreb, im Durst-, Hunger- und Medikamentenstreik, um ihre Würde zu verteidigen. „Hier werden wir wie Tiere behandelt. Wir sind zu zwölft in einer Zelle, in der man eigentlich nur sechs Personen unterbringen könnte. Einige schlafen auf dem Fußboden.“ Und auf dem dreckigen Fußboden wird auch gegessen, wie uns der junge Häftling erzählt. Er beschreibt uns eine alarmierende Lage: „Hier drinnen sind Epileptiker, Diabetiker und Menschen mit psychischen Problemen. Wie können sie sie einfach hierlassen? Wir sind doch auch Menschen.“ Er bringt auch schwere Anklagen gegenüber der Polizei vor: „Sie haben uns mehrfach mit Schlagstöcken geschlagen, wenn jemand einen Fluchtversuch unternommen hatte. Einige sind sogar mit Knochenbrüchen ins Krankenhaus eingeliefert worden.“ Die Spannung nimmt nicht ab. „Die Situation bleibt angespannt. Von der Polizei werden umgehend Abschiebungen vorgenommen. Wenn die Asylgesuche abgelehnt werden, werden die Asylbewerber meist innerhalb von 15 Tagen in ein Flugzeug gesetzt und nach Hause geschickt.“ Am Morgen des 22. März wird ein Tunesier in ein Krankenhaus in Palermo gebracht, wo er wegen Verletzungen am rechten Auge, die ihm unter noch ungeklärten Umständen beigebracht wurden, von Fachärzten einer Gesichtsbehandlung unterzogen.
Lesen Sie hier: siciliamigranti.blogspot.de
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Derzeit ist der Hunger- und Durststreik seit einer Woche unterbrochen worden. Die Häftlinge in Milo haben angedroht, den Streik wieder aufzunehmen, wenn sie von den Behörden, die in den letzten Tagen zur Eindämmung der Proteste eingeschritten sind, keine Antwort erhalten.
BEOBACHTUNG DER VERLETZUNGEN DES RECHTS AUF VERTEIDIGUNG:
Wie im letzten Monat angekündigt, weisen wir auf einen Beschluss des Ausschusses der Anwaltskammer Catania vom vergangenen 7. Februar hin (dem ein Beschluss aus dem Jahr 2009 vorausging), mit dem alle von Asylbewerbern gestellte Anträge auf Prozesskostenhilfe ausgesetzt werden und der Gerichtspräsident gefragt wird, ob die den Anträgen beigefügten Unterlagen tauglich sind.
Ein solches Verfahren ist ganz offensichtlich unrechtmäßig, weil der Ausschuss über jeden Antrag einzeln, und nicht „kollektiv“, entscheiden müsste, und weil die Aussetzung keine vom Gerichtskostengesetz vorgesehene Maßnahme ist und in keiner Weise angefochten werden kann. Außerdem handelt es sich hierbei um eine unbegründete Maßnahme, da mittlerweile außer Frage steht, dass die von der Polizei ausgestellte Bescheinigung für die aus ihrem Land geflohenen und ohne Papiere nach Europa gekommenen Asylbewerber als Ausweis fungiert.
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